Pragmatische Problemlöser statt Lautsprecher

Gemeindeparlament Wetzikon mit drei EVP-Räten nähert sich erster Halbzeit

Wie startet man ein Gemeindeparlament? In Wetzikon lernten 36 frische Ratsmitglieder, miteinander umzugehen. Mittendrin: drei EVP-Gemeinderäte. Ihre Fraktion mit BDB und CVP funktioniert gut. Das hilft, um mit dem Stadtrat grosse Probleme zu bewältigen.

Arthur Phildius, Volketswil

«Die schönste Form direkter Demokratie ist die Gemeindeversammlung», findet Walter Kübler. «Jetzt kann nicht mehr jeder etwas sagen und abstimmen», bedauert Ratskollege Jürg Joos. So kämpften andere für einen Grossen Gemeinderat (GGR). Ihr etwa achter Anlauf gelang. Beide 62-Jährigen waren aber stets fürs Parlament. Ohne Grossaufmarsch von Interessengruppen werde die Politik regierbarer: «Daher macht es Sinn.» Joos hat «interessiert, ob man eine qualitative Verbesserung spürt gegenüber dem alten System.» Eher ja: «Die Entscheide sind sachlicher. Aber die Parteienpolitik drückt durch.» Sinn machte somit ihre Kandidatur auf der EVP-Sechserliste. Beide sind schon öffentlich aktiv gewesen: Kübler als Schulpfleger und nun Präsident des Quartiervereins Kempten, Joos als Rechnungsprüfer. Er mag es, «am Puls» dieses Parlament mit aufzubauen. Von Grund auf, denn für fast alle Neo-Räte war neu, was ihnen Mitglieder anderer GGRs erläuterten. Die Wahl überraschte Joos freudig. Kübler verspürte auch etwas Stolz: «Wir beide haben sehr viele Fremdstimmen erzielt.» Er von allen Gewählten am meisten!

Drei, sechs oder zehn in der Fraktion?

So erstaunt es nicht, dass Berufsschullehrer Kübler die Fraktion nun anführt. Eher, wer sie bildet: Mit Förster Stefan Burch erreichte die EVP im 36-köpfigen Rat Fraktionsstärke. Doch sie begrüsste Bündnisgespräche anderer Parteien mit ihr. Nebst BDP und CVP, die ein Fraktionstrio bilden könnten, auch EDU und eine Lokalpartei. «Zuerst wären wir zu zehnt gewesen», schildert Kübler. Es ginge auch alleine, meint Joos. «Aber zu sechst haben wir einfach mehr Gewicht.» Diese Fraktion erhält eher Kommissionssitze. Und mit Toni Zweifel (CVP) ab August den Vorsitz. Nur zwei Kommissionen sind fix. Der Verkehr beschäftigt jene für Raumplanung und Landgeschäfte (KLRG) mit Burch: Viel zu tun gab die Parkplatz-Verordnung mit Kernpunkt Kernzonen. Er unterstütze den Stadtrat: Wetzikon als Zentrumsgebiet solle «den öffentlichen Verkehr fördern, nicht noch mehr Privatverkehr hinbringen.» Er selbst forderte, breit unterstützt, Schwachstellen in Wetzikons Velo-Infrastruktur zu beheben. Geschäftsführer Joos erlebte in der Geschäfts- und Rechnungsprüfungskommission (GRPK) «strube Zeiten». Das hohe Defizit 2015 setzt sie fort… Als Leiter einer Subkommission lässt er die «Heirat» der beiden Schulgemeinden heranreifen.

Anliegen direkt in den Stadtrat bringen

Die gemischte Fraktion funktioniert laut Kübler und Joos seit Beginn gut. Sie wollten aber aktiver werden, statt «die Ruhigsten im Rat» zu sein, stand im Herbst im «Zürcher Oberländer». «Wir merkten», so Kübler, «dass wir uns mehr melden müssen.» Im Rat auch dann, wenn alles klar sei. Sowie auf Fragen der Presse Stellung nehmen. Weiterhin aber überfluten sie den Stadtrat nicht mit Vorstössen, wie das einige Parteivertreter zuerst taten. «Aufgestaute persönliche Probleme», vermutet Kübler bei «Lautsprechern» im Rat. «Das Misstrauen gewisser Parlamentarier gegenüber dem Stadtrat ist noch sehr gross. Die EVP-BDP-CVP-Fraktion nutzt laut Joos ihre zwei Stadträte: «So ist es für uns einfacher, Anliegen einzubringen.» Stadtpräsident ist Ruedi Rüfenacht (EVP, seit 2014); die CVP stellt Remo Vogel. Finanzen, Verkehr, blockierte Bauprojekte: «Die Bewältigung der vielen Altlasten» nennt Joos als Hauptziel ihrer Fraktion. Sie geht es pragmatisch und respektvoll an. Was soll man in zwei Jahren über die EVP sagen können? Kübler überlegt, Joos übernimmt: «Die EVP muss nicht die Linie bestimmen. Aber ich möchte, dass man die EVP im positiven Sinne spüren wird.»